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Feuchtgebiete Die Rolle der Feuchtgebiete in der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)
WRRL-Sonderinfo 2011: Wetlands for Clear Water Themen: Zum Download bitte auf das Bild klicken (pdf 626 KB). Warum Feuchtgebiete? - Hintergründe Feuchtgebiete lassen sich als "Nieren der Landschaft" betrachten, da sie das Wasser filtern und den Wasserhaushalt im Gleichgewicht halten. Im Zusammenhang mit dem Management der Einzugsgebiete der Ostseezuflüsse können Feuchtgebiete eine wichtige Rolle für die Reduzierung diffuser Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft spielen. Dies kommt in einer Reihe von Richtlinien für den Schutz von Wasser und Meer zum Ausdruck: von der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) über den HELCOM Ostsee-Aktionsplan bis zur jüngsten EU-Strategie für den Ostseeraum. Obwohl die Bewirtschaftung von Feuchtgebieten zu verschiedenen Richtlinien gehört, findet sie auf strategischer Ebene, wie in den Bewirtschaftungsplänen der Ostseezuflüsse, nicht genügend Anwendung. Es besteht dringender Bedarf an strategisch abgeleiteten Zielsetzungen und Konkretisierungen. Die Eutrophierung stellt zusammen mit der Überfischung das größte Umweltproblem der Ostsee dar. Die
Ostseezuflüsse führen große Mengen an Nährstoffen mit sich. Etwa 70 Prozent des eingetragenen Stickstoffs und 44 Prozent des Phosphoreintrags
stammen aus diffusen Quellen, vor allem aber aus Landwirtschaftsflächen. Die daraus entstehende Eutrophierung der Küsten- und
Meeresgewässer führt zur Algenblüte mit einer Verschlechterung der Meereslebensräume infolge drastisch verringerter Wassertransparenz
und Sauerstoffverlust. Der HELCOM Ostsee-Aktionsplan nennt als Zielstellung eine "Ostsee ohne Eutrophierung" und spricht in seinem
Programmziel "Clear Water" den Handlungsbedarf an. Grafik: Mit Ausnahme der offenen Bottenwiek und abgesehen von bestimmen Küstengebieten im Golf von Bottenwiek war die ganze Ostsee in den Jahren 2003 - 2007 von Eutrophierung betroffen (HEAT: HELCOM Eutrophication Assessment Tool). Schlussfolgerungen der GRÜNEN LIGA Konferenz, Position zu Feuchtgebieten 1. Feuchtgebiete sind für die Nährstoffreduzierung in der Ostsee unerlässlich 2. Maßnahmen für Feuchtgebiete benötigen eindeutige Prioritäten 3. Damit Strategien für Feuchtgebiete wirksam sind, ist eine Kombination aus Verfahren und Ansätzen aus mehreren
Bereichen notwendig:
4. Feuchtgebietsstrategien in die Bewirtschaftungsplanung von Flusseinzugsgebieten integrieren! 5. Die hohe Kostenwirksamkeit von Feuchtgebieten nutzen! Foto: Blaualgenblüte in der Ostsee, Sommer 2010; Quelle: ESA - European Space Agency 6. Die umfassenderen Umweltvorteile von Feuchtgebieten berücksichtigen! 7. Die Agrarpolitik für eine bessere Bewirtschaftung von Feuchtgebieten anpassen und neu gestalten! 8. Von Schweden lernen: von Feuchtgebieten in die Agrarlandschaft integrieren!
9. Bestehende "ökohydrologischer" Planungs- und Managementwerkzeuge nutzen! 10. Feuchtgebietsstrategien mit wirtschaftlichen Instrumenten unterstützen! 11. Besseres Management von Feuchtgebieten braucht Kommunikation und Information Nährstoffretention in Feuchtgebieten - Defizite beim Ostseeschutz Die Bewirtschaftungsplanung für die Ostseezuflüsse berücksichtigt die Möglichkeiten des Nährstoffrückhalts in Feuchtgebieten und Mooren nur unzureichend. Die Entwürfe der Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme für die Flussgebietseinheiten Schlei-Trave, Warnow-Peene und Oder benennen die Nährstofffrachten als gravierendstes Problem der Küstengewässer. Die nun für den ersten Bewirtschaftungszeitraum festgelegten Ziele und Maßnahmen zur Reduzierung der Einträge reichen aber - wie auch im Elbegebiet (vgl. WRRL-Info 17 und 18) - bei weitem nicht aus, um chronisch verfehlte internationale Ziele zu erreichen. Die Wiedervernässung von Feuchtgebieten und Niedermooren wird zwar als ein zentraler Ansatzpunkt benannt. In den Maßnahmentabellen findet sich jedoch keine entsprechende Maßnahme wieder. Kurz wird auf die Moorschutzprogramme der Bundesländer verwiesen. Im Rahmen des Moorschutzkonzepts Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 2000 wurden bis 2008 rund 18.000 Hektar Niedermoore in Talniederungen und Waldmoore wiedervernässt und auf weiteren 11.500 Hektar extensive Grünlandnutzung bei hohen Wasserständen eingeführt. Das Konzept wird derzeit fortgeschrieben, mit einem Fokus auf die Klimaschutzwirkung. Die WRRL verzeichnet in Anhang VI (Teil B) auf der nichterschöpfenden Liste ergänzender Maßnahmen als siebten Punkt explizit die Neuschaffung und Wiederherstellung von Feuchtgebieten. Der gut hundert Punkte umfassende standardisierte Maßnahmenkatalog der LAWA, auf den auch die Bewirtschaftungspläne der Ostseezuflüsse zurückgreifen, benennt dagegen zwar eine Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung diffuser landwirtschaftlicher Einträge sowie "Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung infolge Landentwässerung", die Wiedervernässung oder Anlage von Feuchtgebieten wird jedoch nicht explizit aufgeführt - ein Hinweis auf die bisherige Relevanz dieser Maßnahme. Aufschlussreich ist schließlich, dass auch die breit angelegten Strategischen Umweltprüfungen zu den Maßnahmenprogrammen nicht nur keine Maßnahmentypgruppe Wiedervernässung oder ähnliches kennen, sondern in der Betrachtung der Ursache-Wirkungs-Beziehungen der Maßnahmen überhaupt keinerlei Fundstellen für die Begriffe "Feuchtgebiete", "Moore" oder "Wiedervernässung" aufweisen. Fazit: Eine tatsächliche Implementierung der für die Nährstoffreduzierung der Ostsee längst als besonders wichtig erkannten Maßnahmenoption "Anlage und Wiedervernässung von Feuchtgebieten und Niedermooren" findet in den Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen offenbar nicht statt. Es besteht dringender Bedarf, die großen Potentiale des Feuchtgebietsmanagements stärker in die Diskussion einzubringen, konkrete Ziele zu formulieren und diese auch durch geeignete Maßnahmen zu erreichen, wie zuletzt auch in der EU-Strategie für den Ostseeraum niedergelegt.Zustand der Flussauen in Deutschland Im Oktober 2009 legte das Bundesamt für Naturschutz (BfN) den Auenzustandsbericht - Flussauen in Deutschland vor. Angesichts der herausragenden Bedeutung der Flussauen für die heimische Biodiversität und die großräumige Vernetzung von Lebensräumen, für die Fischfauna und den Stoffhaushalt der Flüsse, ist diese bundesweit angelegte Bestandsaufnahme ein wirklicher Meilenstein. Der Bericht bilanziert den Verlust von Überschwemmungsflächen an den großen Flüssen Deutschlands, der sich bundesweit auf rund zwei Drittel beläuft. Aufgrund von Hochwasserschutzmaßnahmen - in erster Linie Deichbauten - kann nur noch ein Drittel der ehemaligen Überschwemmungsflächen bei großen Hochwasserereignissen überflutet werden - an Rhein, Elbe, Donau und Oder sogar nur 10 bis 20 Prozent. Die Talräume eines Flusses, die vor menschlichen Eingriffen für Überflutungen erreichbar waren, werden als morphologische Aue bezeichnet. Der heute dauerhaft abgetrennte Anteil gilt als Altaue, der verbleibende Anteil (zwischen den Deichen) als rezente Aue. Die Bewertung des Zustandes der rezenten Auen erfolgt analog zum System der Wasserrahmenrichtlinie in fünf Klassen und betrachtet den Grad der Veränderung gegenüber einem potentiell natürlichen Leitbildzustand anhand der Kriterien:
Die Bewertung verknüpft also Aussagen zum Grad der Abkopplung der Aue vom Überflutungsregime durch Gewässerausbau und/oder Hochwasserschutz und Überflutungspotential, zu Ausbaugrad, Profilierung und Aufstau (Staubauwerke sind jedoch nicht in der Karte verzeichnet) sowie zu Intensität und Art der Flächennutzung. In die zusammenfassende Bewertung gehen zusätzlich die Merkmale Rückstaubeeinflussung als Malus und der Wert zusammenhängender naturnaher Auenstandorte, die "Konnektivität", als Bonus ein. Die Ergebnisse zeigen:
Als Fazit formuliert das BfN den dringenden Handlungsbedarf, den Flüssen wieder mehr Raum zu geben. Dies korrespondiert natürlich auch mit der zentralen Forderung More space for living rivers der europäischen Umweltverbände an die Umsetzung der WRRL. Das BfN mahnt an, die natürliche Dynamik und die ökologische Schwankungsbreite der Auen zu nutzen: "Intakte Auenlandschaften sind aufgrund ihrer Anpassung an wechselnde Wasserverhältnisse, die von Überschwemmungen bis zu trockenen Verhältnissen reichen, zur Abpufferung der Auswirkungen des Klimawandels (mögliche Häufung von Überflutungen und Niedrigwasserperioden) bestens geeignet." Um in den Bewirtschaftungsplänen gemäß WRRL Berücksichtigung zu finden, kommt der Bericht allerdings zu spät. Der Auenzustandsbericht kann kostenlos als Broschüre über bmu@broschuerenversand.de bezogen werden und steht auf der Internetseite als Pdf-Datei zum kostenlosen Download zur Verfügung. Unter dem Titel "Flussauen in Deutschland - Erfassung und Bewertung des Auenzustands" werden die dem Bericht zugrundeliegenden Forschungsergebnisse in der BfN-Schriftenreihe "Naturschutz und Biologische Vielfalt" veröffentlicht. Vorgesehen ist auch die Einrichtung eines Online-Kartendienstes "Flussauen in Deutschland" auf www.bfn.de. Auen und andere schützenswerte Gebiete WRRL Zu dem Thema "Naturschutz in der Wasserrahmenrichtlinie" erhalten Sie weitere Informationen in den Handbüchern: "Die EG-Wasserrahmenrichtlinie – Grundlagen- und Praxisbeiträge der GRÜNEN LIGA-Seminarreihe". Relevanz der Wasserrahmenrichtlinie für Auen Das Bundesamt für Naturschutz veröffentlichte im Juli 2003 ein Positionspapier zur "Relevanz der Wasserrahmenrichtlinie für Flussauen aus naturschutzfachlicher Sicht". Es ist zugleich der Zwischenbericht eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens an der südlichen Oberrheinniederung und der Unteren Havelniederung.
Für die gemeinsamen Handlungsfelder von Naturschutz und Wasserwirtschaft bei der Umsetzung der WRRL
werden naturschutzfachliche Empfehlungen gegeben. Hierzu gehören Kriterien zur Einbeziehung von Ufer- und
Auenbereichen in die Ausweisung der Oberflächenwasserkörper und zur Notwendigkeit von Maßnahmen, wie
der Wiederanbindung oder Strukturverbesserung der Auen. Schon bei der Beschreibung der Referenzbedingungen
für einen Gewässertyp muss der gesamte Formenschatz der Aue berücksichtigt werden, sofern ein
signifikanter Einfluss auf den Wasserkörper gegeben ist. Kritisch sehen die Autoren die Empfehlungen der LAWA zur Beurteilung der Gewässerstruktur. Diejenigen Beeinträchtigungen der Hydromorphologie, die das Erreichen der Qualitätsziele für ein Gewässer gefährden, werden nach Maßgabe der LAWA-Arbeitshilfe nicht in ausreichendem Umfang ermittelt. Hier besteht Verbesserungsbedarf bei den Kartierverfahren. Das Papier steht hier (662 KB) zum Download zur Verfügung.
Das Europäische Umweltbüro EEB und der WWF haben ein Papier (word-Dokument, 248 KB) vorgelegt, das als Grundlage zur Erarbeitung einer EU-Leitlinie (guidance paper) zum Thema Feuchtgebiete und Wasserrahmenrichtlinie dient. Die Wasserdirektoren der EU-Mitgliedsländer entschieden auf ihrer Novembersitzung 2002 darüber. Den abschließenden Entwurf des "Wetlands Horizontal Guidance"-Papers vom 1. August 2003, der von der EU im Rahmen der Common Implemtentation Strategy zur Wasserrahmenrichtlinie erstellt wird, steht hier (797 KB) zum Download zur Verfügung. Diese Seite als Druckversion anzeigen
Bei Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte an webmaster@wrrl-info.de.
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