Großstaudämme
Großstaudämme – Weltweite Konfliktherde
Weltweit zerschneiden bereits mehr als 50.000 Großstaudämme (über 15 Meter Stauhöhe und/oder über
drei Millionen Kubikmeter Stauvolumen) den freien Lauf der Flüsse. Tausende von neuen Staudämmen befinden sich in Planung.
Staudämme können vielseitig genutzt werden, zum Beispiel zur Bewässerung, Energie- und Trinkwassergewinnung oder im
Hochwasserschutz. Heutzutage ist die Energiegewinnung mittels Wasserkraft allerdings Hauptziel des Staudammbaus.
Über 8.000 der bestehenden Großstaudämme dienen derzeit dem Zweck der Wasserkraftnutzung.
Obwohl Staudämme einen wichtigen Beitrag zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse leisten können, überwiegen viel zu häufig
ihre negativen Begleiterscheinungen. Wie die Weltstaudammkommission im Jahr 2000 konstatierte,
hatte dieser Nutzen besonders in Hinsicht auf soziale und Umweltaspekte "in zu vielen Fällen einen inakzeptablen und oft
unnötigen Preis, für umgesiedelte Bewohner, Unterlieger, Steuerzahler und die Umwelt."
Weltweit sind bisher 40 - 80 Millionen Menschen für den Bau von Großstaudämmen vertrieben worden. Da in den Ländern, in
denen derzeit die meisten Dämme gebaut und geplant werden, die Entschädigungs- und Umsiedlungspraxis häufig nicht
internationalen Standards entspricht, kommt es zu massiven Menschenrechtsverletzungen. Die Partizipation der Betroffenen
an der Projektplanung ist häufig nicht gewährleistet und ihre Proteste werden oft genug gewaltsam unterdrückt. Mit den
zerstörten Siedlungen geht auch ein Teil des kulturellen Erbes verloren; zahlreiche international bedeutsame
Kulturgüter wurden bereits unter den Fluten von Großstaudämmen begraben.
"Jeder Staudamm greift in die Kontinuität des Flussökosystems ein, zerstört Auen, überflutet Flächen und trägt zum
Aussterben von Tieren und Pflanzen bei", heißt es im Positionspapier zum Internationalen Jahr des Süßwassers 2003, herausgegeben vom
Forum Umwelt und Entwicklung und dem Netzwerk UNSER Wasser. Die Großstaudämme gehören zu den im GRÜNE-LIGA-Positionspapier "Water for Life"
an die Bonn2011-Konferenz "The Water, Energy and Food SecurityNexus - Solutions for the Green Economy" adressierten zentralen
Punkte internationaler Wasserpolitik.
<<
Umweltauswirkungen und soziale Konflikte
Die Umweltauswirkungen von Großstaudämmen,
und die daraus hervorgehenden sozialen Konflikte
sind dramatisch. Frei fließende Flüsse werden in Stauseen mit verarmten Lebensraumstrukturen und schlechter Wasserqualität
verwandelt. Die Veränderung der früheren Fluss- und Auenökosysteme zieht eine Verringerung der Artenvielfalt nach sich.
Staudämme kappen die Wanderwege vieler Fischarten und trennen dadurch die Tiere von ihren Laichgebieten. Das Zusammenbrechen
ganzer Populationen bleibt nicht ohne Folgen für die traditionell am Fluss siedelnden Menschen, die ihren Lebensunterhalt
vom Fischfang bestreiten, und stellt ihr Recht auf Wasser, Nahrung und Leben in Frage.
Die ökologischen und sozialen Auswirkungen sind bis weit dammabwärts zu spüren. Viele Flüsse erreichen ihre Mündung
entweder gar nicht mehr oder nur noch als kümmerliche Rinnsale. Staudämme an grenzüberschreitenden Flüssen können zudem
regionale Konflikte verschärfen, wenn sie nicht völkerrechtskonform in Kooperation mit den Nachbarstaaten geplant werden.
Weitere häufige Probleme sind: extreme Kostensteigerungen, Verzögerungen beim Bau, Nichterreichung der erwarteten Ziele,
vor allem bei Bewässerungsstaudämmen. Großstaudämme bedienen größtenteils die Bedürfnisse großer Landwirtschaftsbetriebe
und Unternehmen, während die ländliche Bevölkerung oftmals ohne verbesserten Zugang zu Wasser und Energie bleibt.
<<
Sedimente und Staudammrückbau
Staudämme haben eine begrenzte Lebensdauer von einigen Jahrzehnten. Die Weltstaudammkommission (World Commission on Dams – WCD) schätzt, dass jährlich
etwa ein Prozent des Stauvolumens durch Sedimentation verlorengeht. Im Jahr 2015 werden weltweit bereits etwa 20 Prozent aller
Stauseen ihre Funktionsfähigkeit verloren haben. Die derzeit in Planung befindlichen Staudämme können diesen Verlust
an Stauvolumen nicht einmal kompensieren (vgl. Sedimentationsgrafik in "Water for Life" S. 7). Die vor den Staumauern
abgelagerten Sedimente beeinträchtigen die Funktion der Stauseen und fehlen auch flussabwärts. Dies führt zu verstärkter
Erosion von Flussbetten und dem Schrumpfen ganzer Deltas. Technische Lösungen, die einen Sedimenttransport durch Staudämme
ermöglichen, müssen dringend entwickelt werden, da sie die Umweltauswirkungen bestehender Dämme mindern sowie deren Lebensdauer
verlängern könnten. Neue Staudämme dürfen nicht gebaut werden, solange ein ausreichender Sedimenttransport und die biologische
Durchgängigkeit nicht gewährleistet sind.
Bei bestehenden Staudämmen wurde die Frage ihres späteren Rückbaus nur selten frühzeitig adressiert. Wenn diese riesigen
Infrastrukturbauwerke marode werden und außer Betrieb gehen, entstehen für die Unterlieger gewaltige Sicherheitsrisiken. Die
immensen Kosten der Unterhaltung oder des Rückbaus müssen zumeist von der öffentlichen Hand getragen werden. Die WCD empfiehlt,
Vorgaben für die Stilllegung bereits in die Staudammplanung einzubeziehen. Die Lizenzen zum Staudammbetrieb sollten "die
Verantwortung und die Mechanismen für die Finanzierung der Kosten der Außerbetriebnahme" definieren. Darüber hinaus
sollten "im Zuge der Inbetriebnahme beziehungsweise während des lizenzierten gewinnbringenden Betriebes Mittel für die
Außerbetriebnahme zurückgestellt werden".
<<
Empfehlungen der Weltstaudammkommission
Die 1997 gegründete, sich aus Staudammbauern und -kritikern zusammensetzende Weltstaudammkommission (WCD, s.o.), prüfte drei
Jahre lang die Wirkung von Großstaudämmen im Entwicklungsprozess rund um den Globus. Die Probleme mit denen der Staudammbau
behaftet ist wurden in umfangreichen Studien belegt, auf deren Grundlage die WCD im Jahr 2000 weitreichende Empfehlungen
vorlegte, wie Staudämme künftig stärker dem Wohl der Menschen dienen und weniger ökologische Schäden hervorrufen können.
Dazu gehören ein Rechte-und-Risiken-Ansatz, der alle relevanten Akteure an den Verhandlungstisch bringt, sowie
sieben strategische Prioritäten:
- öffentliche Akzeptanz erreichen
- Alternativen umfassend prüfen
- bestehende Staudämme einbeziehen
- Flüsse und Existenzgrundlagen erhalten
- Nutzungsansprüche anerkennen und Nutzen teilen
- die Einhaltung der Vereinbarungen sicherstellen
- gemeinsame Nutzung von Flüssen zur Friedenssicherung, Entwicklung und Sicherheit
In ihrem Abschlussbericht hat die Weltstaudammkommission international akzeptierte Kriterien, Leitlinien und
Standards für Planung, Entwurf, Bewertung, Bau, Betrieb, Überwachung und Außerdienststellung von Staudämmen formuliert.
Im Gegensatz dazu strebt die Staudamm- und Wasserkraftindustrie jedoch an, mit dem Hydropower Sustainability Assessment Protocol
(HSAP) einen neuen Referenzrahmen für Staudammprojekte zu etablieren. Dieses Protokoll untergräbt bestehende Standards.
Viele Staudammgegner und -betroffene betrachten das HSAP daher als einen Versuch des Greenwashing.
<<
Aktuelle Trends im Staudammbau
In den USA, ehemals der weltweite Vorreiter im Staudammbau, hat über die letzten Jahre ein Trend
eingesetzt, alte, baufällige oder ineffiziente und daher kostenträchtige Staudämme zu entfernen. 1.185 Bauwerke – gut ein Prozent
aller US-Staudämme – wurden bisher rückgebaut, überwiegend in den letzten 20 Jahren. Während der Kostenfaktor ein Grund
für den wachsenden Rückbautrend ist, hat sich vor allem aber auch die Erkenntnis über die verheerenden Auswirkungen von
Staudämmen auf Flussökosysteme, gerade bei Wildflüssen, durchgesetzt. Von Nordamerika ausgehend wächst daher nun auch
eine Bewegung, die sich für gesetzliche Maßnahmen zur Erhaltung und zur Wiedergewinnung der letzten freifließenden Flüsse
einsetzt.
In den meisten Ländern der Welt, vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern, aber auch in Teilen Osteuropas geht der Trend
jedoch in die andere Richtung. Dort haben der Bedarf an erhöhter Stromkapazität, Wirtschaftsentwicklung, die rasante
Nachfrage nach erneuerbaren und klimafreundlichen Energien, und die weitverbreitete Neoliberalisierung der Energiewirtschaft
einen regelrechten Wasserkraft-Boom
ausgelöst. Eine Studie aus dem Jahr 2014 beziffert die Zahl der weltweit geplanten oder
im Bau befindlichen Staudämme mit einer Leistung von > 1 Megawatt auf mindestens 3.700 (!). Die aktuelle Wasserkraftkapazität
soll dadurch um circa 73 Prozent auf 1.700 Gigawatt erhöhen, dabei jedoch die letzten frei fließenden Flüsse auf dem
Globus um rund 21 Prozent verringern.
<<
Großstaudämme zur Wasserkraftnutzung – Keine Lösung für den Klimawandel
Trotz ihrer lokal problematischen ökologischen und sozialen Auswirkungen wird die Wasserkraft im
Interesse der Investoren als "grün" und "sauber" beworben und als Mechanismus für klima- und umweltverträgliche Entwicklung
(Clean Development Mechanism – CDM) finanziell durch Emissionshandel gefördert. Nach UN-Angaben waren im September 2011
weltweit 477 große Wasserkraftprojekte im Rahmen des CDM bei der UN registriert. Für 371 weitere Projekte ist die Registrierung
bereits beantragt. Wasserkraftprojekte werden Prognosen zufolge bis 2020 mehr als 20 Prozent der CDM-Gutschriften ausmachen.
Viele Staudammprojekte erzielen jedoch keine positive Klima- und Nachhaltigkeitsbilanz. Besonders in den Tropen verursachen
Großstaudämme enorme Methanemissionen, deren Treibhausgaswirkung die von Kohlekraftwerken mit vergleichbarer Leistung sogar
übertreffen kann. Da der Klimawandel aller Voraussicht nach in vielen Flussgebieten schwer kalkulierbare Änderungen
der hydrologischen Verhältnisse verursachen wird, stellen sich Großstaudämme mehr und mehr als riskante Technologie dar,
die im Falle von Dammbrüchen bei unerwarteten Extremhochwässern Millionen von Menschenleben gefährdet. Zugleich können
vermehrte Dürreperioden zu Energieversorgungsengpässen in Ländern führen, die in hohem Maße von Wasserkraft abhängig sind,
wenn diese Anlagen nicht mehr mit voller Kapazität arbeiten können.
Die meisten großen Wasserkraftprojekte, die (vor allem in China und Indien) im Rahmen des CDM realisiert werden, sind
umstritten. Zum einen liefern viele keinen zusätzlichen Klimaschutz zum Szenario einer Entwicklung ohne CDM. Sie wären
auch ohne den CDM-Finanzierungsbeitrag gebaut worden, denn die Staudämme und Turbinen waren längst geplant und/oder
sind auch ohne CDM rentabel. Die "Zusätzlichkeit" ist jedoch das zentrale Kriterium, nach dem die Umweltintegrität
von CDM-Projekten nach UN-Vorgaben beurteilt werden muss. Schließlich werden die generierten CDM-Gutschriften in den
Industrieländern zur Erfüllung ihrer Emissionsziele nach dem Kyoto-Protokoll eingesetzt.
Faule Zertifikate aus nicht zusätzlichen Projekten führen dementsprechend global zu einem Mehrausstoß an
Treibhausgasen. Zum anderen führen viele CDM-Wasserkraftprojekte zu weiteren schweren ökologischen und sozialen Schäden,
sei es durch Abholzung von Wäldern oder durch die Umsiedlung und Vertreibung von Einwohnern aus angestammten Gebieten.
Allen Projekten gemein sind die in der Regel vollkommen unzureichenden öffentlichen Konsultationen, obwohl solche
Wasserkraftwerke fast immer negative Auswirkungen auf die Lebensgrundlagen der betroffenen Gemeinden haben. Im Extremfall
gab es Berichte von Menschenrechtsverletzungen durch Projektentwickler. Validierungsunternehmen, die eigentlich die Integrität
der CDM-Projekte prüfen sollen, stehen regelmäßig in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Projektentwicklern und Investoren.
Schließlich werden sie von ihnen bestellt und bezahlt. Ihre Unabhängigkeit muss deshalb in Frage gestellt werden.
Staudämme können also nicht per se als Lösung von Wasser-, Nahrungs-, Energie- und Klimaproblemen angesehen werden.
Dies gilt selbst für Klein- und Laufwasserkraftwerke, die oft als umwelt- und sozialverträgliche Alternative zu Großstaudämmen
vorgeschlagen werden. Doch auch diese Projekttypen können massive Auswirkungen auf Ökosysteme und Menschenrechte haben,
indem sie ganze Flussabschnitte trockenlegen und betroffene Siedlungen in ihrem Zugang zu Wasser beschränken.
<<
Großstaudämme in Afrika – Lösung zur Armutsbekämpfung?
Der afrikanische Kontinent stellt derzeit ein regelrechtes Schlaraffenland für die Wasserkraftindustrie
dar: Er bietet eine Fülle an gewaltigen Flüssen und einen hoher Bedarf an Elektrizität. Bisher wird nur ein marginaler Anteil
des angeblich vorhandenen Wasserkraftpotentials genutzt. Dies soll nun nachgeholt werden, mit nicht unerheblichen Investitions-
und Bauhilfen chinesischer Banken und Firmen. Von den rund
150 in 54 Ländern geplanten Projekten werden die meisten in Sambia,
Äthiopien, der Demokratischen Republik Kongo und in Angola gebaut.
Das Grand-Inga-Wasserkraftprojekt am Kongo soll das größte Wasserkraftvorhaben der Welt werden und mit 40,000 Megawatt mehr
als ein Drittel der aktuellen Elektrizitätsproduktion ganz Afrikas sichern, doppelt so viel wie der chinesische
Drei-Schluchten-Staudamm. Das Projekt ist in sechs Phasen geplant, von denen das erste, der Inga-3-Staudamm bereits im Bau ist.
Die über 1.200 bestehenden Großstaudämme in Afrika haben aber bisher nicht erheblich zu einer Minderung der Energiearmut
auf dem Kontinent beigetragen. Ihre sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen sind dagegen zum Teil verheerend
ausgefallen, und haben sowohl Menschenrechtsverletzungen als auch entwicklungsbedingte Armut mit sich geführt. Klimabedingte
Dürren haben außerdem in vielen afrikanischen Ländern, die überwiegend auf Wasserkraft als Stromquelle angewiesen sind, bereits
zu gewichtigen Stromausfällen geführt – ein Risikofaktor der durch den Klimawandel an Brisanz gewinnt.
<<
China und Indien – Staudammriesen in Asien
China und Indien sind mit über 23.000 und 5.000 Großstaudämmen unter den Top-3-Staudammländern der Welt.
Chinesische Firmen und Banken sind derzeit an 300 Staudamm-Bauprojekten in 74 Ländern beteiligt und sind damit die größten
Bauträgern und Investoren für Staudämme weltweit, vor allem in Afrika und Südostasien (Myanmar, Laos, Kambodscha und Malaysia).
In China selbst fördert die Regierung trotz des allgemein kritischen Zustands der Binnengewässer weiter den Ausbau von
Wasserkraftprojekten in den verbleibenden unberührten Flussgebieten mit hohem Artenreichtum im entlegenen Südwesten des Landes.
Der Drei-Schluchten-Staudamm am Yangtse-Fluss in China, größtenteils 2008 fertiggestellt, ist mit einer installierten
Antriebsleistung von 18,2 Gigawatt das größte, und eines der umstrittensten Energieprojekte in der Geschichte der Menschheit.
Im Gebiet des über 600 Kilometer langen Stausees und den angrenzenden Regionen mussten etwa 1,24 Millionen Menschen wegen
Überflutung und ökologischen Folgeschäden umgesiedelt werden. Die Langzeitfolgen (Klima- und Umweltschäden und -risiken,
Erdbebenauslösung, Erhalt der Lebensgrundlagen der umgesiedelten Bevölkerung) sind zum Teil noch unabsehbar.
Die Bundesregierung hatte den Drei-Schluchten-Staudamm mit einer Hermesbürgschaft für die Firma Voith Siemens unterstützt.
Auch in Südasien hält der Wasserkraft-Boom an, wobei Indien die spektakulärsten Staudammbauvorhaben plant. Vor allem der
Himalaya-Region und Nordostindien wird ein großes, weitgehend unerschöpftes Potential zugeschrieben, das nun ausgebaut
werden soll. Eines der bisher größten und mit Sicherheit das am längsten umstrittene Staudammprojekt Indiens ist
die Sardar-Sarovar-Talsperre im Narmada Tal. Das Projekt wurde 2006 fertiggestellt, aber weitere Erhöhungen der
Staumauer wurden entgegen Expertenwarnungen mehrmals genehmigt, zuletzt in 2014.
Auch die Türkei zählt mit ihren 635 Großstaudämmen zu den aktivsten staudammbauenden Ländern weltweit. Die meisten Projekte
entstehen an der östlichen Schwarzmeerküste sowie entlang der Flüsse Euphrat und Tigris, in den kurdischen Gebieten
Südostanatoliens. Der umstrittene Ilisu-Staudamm ist Teil des Südost-Anatolien-Projekts (GAP) und soll mit der
Fertigstellung 2016 zwei Prozent des Energieverbrauchs des Landes decken, 70.000 Menschen verdrängen und die 10.000 Jahre
alte Stadt Hasankeyf überschwemmen. Aufgrund der schwerwiegenden sozialen und ökologischen Folgeschäden sowie Problemen
bei der Umsetzung und starkem internationalen Widerstand sind mehrere Europäische Investoren aus dem Projekt ausgestiegen.
<<
Widerstand gegen Großstaudämme auf Lateinamerikas Flüssen
Auch in Lateinamerika ist die Wasserkraft Kernstück langzeitiger Energiepläne. Allein im
Anden-Amazonas-Gebiet (Kolumbien, Ecuador, Brasilien, Peru, Bolivien) sind 151 Staudammprojekte mit mehr als zwei Megawatt
geplant, ein Zuwachs von über 300 Prozent. Dabei bestehen vor allem in der regionalen und flussgebietsübergreifenden
Beurteilung ökologischer Auswirkungen erhebliche Mängel, was für das sensible, kultur- und artenreiche Ökosystem des
Anden-Amazonas-Gebiets verheerende Folgen haben kann.
Brasilien, das 80 Prozent seiner Elektrizität durch Wasserkraft erzeugt, hat für das brasilianische Amazonasgebiet über
60 neue Staudämme in der Planung, vor allem auf den Flüssen Tapajos und Xingu. Das weltweit berühmteste und in Brasilien
umstrittenste Beispiel ist der Belo-Monte-Staudamm,
mit geplanten 11.233 Megawatt der weltweit drittgrößte Staudamm, der den Xingu-Fluss umlenken soll, dabei über 20,000 Menschen
verdrängt und das Überleben der indigenen Völker gefährdet. Die deutschen
Firmen Allianz,
Daimler,
Voith Hydro,
Siemens und
Munich RE
sind am Bau des Projekts beteiligt. Die Bewegung von Staudämmen betroffener Völker
(MAB), die 1970 während des Bau des Itaipu-Staudamms gegründet
wurde, kämpft heute gegen Belo Monte und andere Staudämme im ganzen Land und ist eine der stärksten Anti-Staudamm-Bewegungen
weltweit. Die GRÜNE LIGA unterstützt das deutsch-europäische Belo-Monte-Netzwerk.
Ein Meilenstein im Protest gegen südamerikanische Wasserkraftvorhaben wurde 2014 von der chilenischen Bürgerrechtskampagne
Patagonia Sin Represas (Patagonien Ohne Staudämme) errungen. Zur Unterstützung ihres Anliegens hatte die
GRÜNE-LIGA-Bundeskontaktstelle Wasser gemeinsam mit dem Forum Umwelt und Entwicklung am 11. Mai 2011 zu einen Vortrag
mit Juan Pablo Orrego, dem Präsidenten von Ecosistemas
und internationalem Koordinator der CDP eingeladen. Die höchste
Verwaltungsbehörde Chiles kündigte die Umweltgenehmigung für die fünf Großstaudämme des HidroAysén-Projekts,
das zwei patagonische Wildflüsse – Pascua und Baker River – verbauen und über 6.000 Hektar Wald überfluten sollte. Der Strom hätte
über knapp 2.000 Kilometer (!) in den Norden Chiles geleitet werden müssen, um dort Großstädte und Kupferminen zu
versorgen. Enel, Italiens größtes Stromversorgungsunternehmen, war zu 50 Prozent am Bauvorhaben beteiligt.
<<
Diese Seite als Druckversion anzeigen
Bei Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte an webmaster@wrrl-info.de.