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Wasserkraft

 

Wasserkraftnutzung in Deutschland

Der mittels Wasserkraft erzeugte Strom umfasst in Deutschland etwa 5 Prozent (16 Mrd. Kilowattstunden) des Gesamtenergiebedarfs. Das entspricht laut UBA 2001 75 % des regenerativ erzeugten Stroms.

Der Wasserkraft kommt – als mit Abstand größtem Produzenten an regenerativer Energie – eine wichtige energiepolitische Bedeutung zu, da die Bundesregierung die geplante Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen u.a. mit der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien erreichen will. Ausbaupläne bezüglich der Wasserkraftnutzung bestehen derzeit vor allem in Bayern, die anderen Bundesländer beschränken sich voraussichtlich auf die Wiederinbetriebnahme aufgelassener Wasserkraftanlagen an Altstandorten.

Der Ausbau der Wasserkraft wird insbesondere mit der Umweltfreundlichkeit der Energiegewinnung gerechtfertigt. Die Erzeugung von Elektrizität durch Wasserkraft verursacht keine Emissionen, es entstehen keine Entsorgungsverluste und man verbraucht keine Rohstoffe. Außerdem erfolgt die Energieversorgung dezentral, so dass kaum Verkehrsbelastungen entstehen.

Neben diesen unumstrittenen Vorteilen der Wasserkraft müssen die ökologischen Auswirkungen auf die Gewässer jedoch kritisch gesehen werden. Zumeist ergeben sich aus gewässerökologischer Sicht Probleme wie die erhebliche Veränderung der Abflussdynamik, der Wasserwechselzonen sowie des Fließcharakters.

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Ökologische Auswirkungen der Wasserkraftnutzung

Die meisten der Wasserkraftanlagen stauen das Wasser des Flusses an einem Wehr auf und führen den größten Teil über eine Ausleitungsstrecke der Turbine zu. Im Bereich der Ausleitungsstrecke verbleibt im Fluss oft nur eine gewisse Restmenge an Wasser. Der negative Einfluss auf die natürliche Gewässerentwicklung ist insbesondere durch eine verminderte Substratumlagerung und die Unterbrechung der Durchgängigkeit des Gewässers für Wanderfischarten gekennzeichnet.

Entsprechend Artikel 1a der Wasserrahmenrichtlinie ist eine weitere Verschlechterung der Gewässer zu vermeiden und deren Zustand zu schützen und zu verbessern. Jedoch bilden die Förderung der Wasserkraft einerseits und der Ausschluss der Nutzung ökologisch besonders wertvoller Gewässer andererseits nicht grundsätzlich einen Widerspruch.

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Handlungsoptionen zur Wasserkraftnutzung im Sinne der WRRL

Grundsätzliche Voraussetzung für den Betrieb bestehender und neuer Wasserkraftanlagen ist eine ausreichende Mindestwasserführung in der Ausleitungsstrecke nach den Kriterien der LAWA (2001) sowie funktionsfähige Fischauf- und -abstiegsanlagen.

Mit steigender Durchflussmenge und Fallhöhe werden die Möglichkeiten zur Wasserkraftgewinnung größer, daher sind Wasserkraftwerke an mittelgroßen und großen Fließgewässern vorzuziehen. Die weitere Erschließung des Potenzials kleinerer Wasserkraftanlagen ist vor dem Hintergrund negativer ökologischer Auswirkungen nicht im Sinne der Richtlinie.

Kurzfristige Handlungsoptionen sind:

  • der Bau umweltgerechter Wasserkraftanlagen, wobei eine ausreichende Mindestwasserführung, die Durchgängigkeit für Wanderfische und andere Organisamen sowie eine naturnahe Dynamik zu gewährleisten ist;
  • die Festsetzung potenzieller neuer bzw. reaktivierbarer Standorte durch die Wirtschaft, die Wasserwirtschaft und den Naturschutz.

Langfristige Handlungsoptionen sind:

  • die Anpassung von Altstandorten an ökologische Erfordernisse, wie eine ausreichende Mindestwasserführung sowie die Durchgängigkeit.
  • der Rückbau von Altstandorten, wenn die Belastungen der Natur unvermeidbar über ein vertretbares Maß hinausgehen.

Im Juni 2007 fand in Berlin ein Workshop zum Thema Wasserkraftnutzung und Gewässerschutz in Europa statt, den Deutschland (UBA) in Zusammenarbeit mit Großbritannien, Österreich und der EU-Kommission im Rahmen der "Gemeinsamen Umsetzungsstrategie" zur EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) veranstaltet hat. 100 Experten aus 21 EU-Mitgliedstaaten, Norwegen, der Schweiz und von 13 europäischen Umwelt- und Wasserkraftverbänden diskutierten über die Vereinbarkeit der Wasserkraftnutzung mit den Zielen der WRRL. Die Wasserkraft ist eine erneuerbare, CO2-freie Energiequelle, aber: Wanderfischen werden oftmals die Lebensgrundlagen entzogen, weil die Anlagen in der Regel nicht stromauf und stromab durchgängig sind. Zur Vereinbarkeit von Wasserkraftnutzung und einem guten ökologischen Zustand der Gewässer stellt die Abschlusserklärung unter anderem fest, dass es effizient ist, Maßnahmen innerhalb der Flussgebiete zuerst auf Regionen mit vergleichweise geringen Belastungen oder hohem ökologischem Wert zu konzentrieren. Förderungen der Wasserkraft sollten an ökologische Kriterien gebunden und unabhängig von der Größe der Anlage sein. Die Abschlusserklärung, einen zusammenfassenden Workshopbericht, einen Problemaufriss und die Teilnehmerliste sowie die Präsentationen finden Sie hier.

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GRÜNE LIGA-Beschluss: Energiegewinnung aus unökologisch kleiner Wasserkraft ist abzulehnen

Begründet wird der Beschluss durch die gravierenden Veränderungen der Flussökosysteme und den Verlust an Biodiversität, beides steht in keinem Verhältnis zum geringen Beitrag der Anlagen zur Energieerzeugung und zum Klimaschutz. Potentiale zur alternativen Energiegewinnung sieht die GRÜNE LIGA bei der Energieeinsparung und Energieeffizienzsteigerung sowie beim Ausbau einer naturverträglichen Nutzung von Sonne, Wind, Biomasse und Erdwärme.

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Pauschale Wasserkraftförderung einstellen

Die Förderung kleiner Wasserkraft verbindet ökonomische Ineffizienz mit der Verletzung des Verursacherprinzips
Statt - wie von der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gefordert - einen Beitrag zur Deckung des gewässerökologischen Schadens zu leisten, streichen die Betreiber kleiner Wasserkraftwerke Subventionen ein, ohne einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Die bayerischen Umweltverbände schreiben dazu in ihrer gemeinsamen Position zur Wasserkraftnutzung vom 16. November 2007: "4.250 Wasserkraftanlagen von bundesweit rund 7.700 finden sich an Bayerns Fließgewässern und erzeugen rund 13.000 GWh Strom pro Jahr. Den wesentlichen Anteil mit 12.000 GWh pro Jahr - also 92 Prozent - leisten allerdings nur 219 Anlagen, die sich vor allem an den alpinen Flüssen Isar, Inn, Lech und Iller befinden. Über 4.000 Kleinwasserkraftanlagen mit einer Leistung unter 1.000 kW erbringen insgesamt nur 8 Prozent der Leistung. Sie leisten damit einen sehr geringen Beitrag zum Klimaschutz, zerstören aber massiv Fließgewässerlebensräume."

Die Errichtung von geeigneten, gut auffindbaren Fischaufstiegsanlagen und Fischabstiegen mit ausreichenden Restwassermengen und der Ausgleich der sonstigen gewässerökologischen Schäden lässt einen wirtschaftlichen Betrieb kleiner Wasserkraftanlagen auch mit erhöhter Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nicht zu. Daher argumentieren die entsprechenden Interessenverbände mit den unsinnigsten Argumenten wie: "Der Lachs ist keine einheimische Art." (Stellungnahme des Verbands kleiner Wasserkraftbetreiber zur letzten EEG-Novelle). Bei ungebremstem Weiterbetrieb der Wasserkraft wird nach dieser Logik auch der Aal nicht mehr lange zu unseren einheimischen Arten gehören. Bei bestehenden Anlagen sind, statt pauschaler Förderung, dringend ökologische Verbesserungen einzufordern, die die Fischtötung oder -verstümmelung durch den Turbinendurchlauf zumindest einschränken, schon aus Tierschutzgründen.

Die Aufstauung von Wasser für die Wasserkraftnutzung ist als Wasserdienstleistung nach Artikel 9 WRRL zu behandeln. Das trifft analog auch bei der Schifffahrtsnutzung zu. Die in diesem Punkt unzureichende Umsetzung der WRRL in bundesdeutsches Landesrecht wurde von den im Europäischen Umweltbüro EEB zusammengeschlossenen Verbänden gemeinsam mit dem WWF in Form einer strategischen Beschwerde bei der EU-Kommission angemahnt. Das inzwischen von der EU-Kommission gegen elf Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren wegen formal nicht ausreichender Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie greift auch diesen Aspekt auf. Stattdessen sieht der Entwurf des BMU zur Novelle des EEG vor, die Vergütung für Anlagen bis 0,5 MW von 9,67 cent/kWh auf 12,67 cent/kWh zu erhöhen.

Wenn der BUND Schleswig-Holstein die Errichtung einer Wasserkraftanlage am Wehr Geesthacht fordert, also am einzigen Wehr im deutschen Elbestrom überhaupt und gleichzeitig die Absicht der Errichtung eines neuen Fischaufstiegs an dieser Stelle als überdimensioniert kritisiert, stellt sich die Frage, ob dort der Naturschutz noch als vorrangiges Vereinsziel betrachtet wird. Selbst bei funktionierenden Fischpässen führt bereits der Betrieb einer überschaubaren Anzahl von Wasserkraftanlagen durch die kumulierte Wirkung dazu, dass im Oberlauf keine reproduktionsfähigen Bestände von Fischarten wie dem Aal aufgebaut werden können und läuft entsprechenden EU-Schutzbestimmungen wie der EG-Aalverordnung zuwider.

Die vom Aussterben akut bedrohten Aale sind mit ihrem langen schmalen Körper besonders in Gefahr. In den Wanderzeiten werden sie regelmäßig von den Turbinen zerhäckselt, wenn sie versuchen, flussabwärts in die Meere zu gelangen. Die am 25. September 2007 in Kraft getretene Aal-Verordnung, die EU-weit eine schadlose Abwander-Quote von mindestens 40 Prozent verbindlich vorschreibt, lässt sich am wirkungsvollsten mit dem Abbau unnötiger Querbauwerke und ökologisch unverträglicher Wasserkraftnutzung umsetzen.

Mehr als ein Drittel der Süßwasserfischarten in Europa ist nach Angaben der Weltnaturschutzunion IUCN vom Aussterben bedroht. Das gilt für Stör, Lachs, Meeresforelle und weitere europaweit geschützte Arten, die zur Reproduktion in die Flüsse wandern, aber auch für andere Fische, die auf strukturreiche Fließgewässer und Auen angewiesen sind.

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Internationale Großprojekte der Wasserkraftnutzung

Die Energiegewinnung mittels Wasserkraft erlangt immer stärkere Bedeutung. "Weltweit zerschneiden bereits 45.000 große (über 15 m Stauhöhe und /oder über drei Millionen Kubikmeter Stauvolumen) und 800.000 mittlere und kleinere Staudämme den freien Lauf der Flüsse. Jeder Staudamm greift in die Kontinuität des Flussökosystems ein, zerstört Auen, überflutet Flächen und trägt zum Aussterben von Tieren und Pflanzen bei" (Positionspapier zum Internationalen Jahr des Süßwassers 2003 des Forum Umwelt und Entwicklung und des Netzwerks UNSER Wasser).

Die 1997 gegründete World commission on Dams (WCD) prüfte drei Jahre lang die Wirkung von Großstaudämmen im Entwicklungsprozess rund um den Globus. Die Ergebnisse der im Jahr 2000 veröffentlichten Untersuchung waren negativer als im Vorfeld angenommen.

Der Bau des Drei-Schluchten-Staudamms am Yangtze-Fluss in China mit unabsehbaren ökologischen Folgen ist das größte Energie-Projekt in der Geschichte der Menschheit. Das Gebiet des 600 km langen Stausees, dessen Auffüllung im April 2003 beginnen soll, war zuvor Heimat von mehr als 2 Millionen Menschen. Die Bundesregierung unterstützt das Projekt mit Hermesbürgschaften.

Weitere Hintergründe und kritische Anmerkungen zum Staudamm-Projekt in China finden Sie auf den Seiten von International Rivers. Informationen zum indischen Narmada-Staudamm-Projekt finden Sie hier.

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